Am 18. August 2014 hat Google die großen Linkverkaufsplattformen Teliad und Rankseller öffentlichkeitswirksam mit einer Ranking-Penalty abgestraft. Die Jungs von SEO-United haben deshalb einigen SEOs wie mir die Frage gestellt: „Linknetzwerke – Komplett abmelden oder nur „richtig“ nutzen?“. Die Ergebnisse der Umfrage werden wohl kommende Woche passend zur dmexco veröffentlicht. Ergänzend zu meiner Antwort bei SEO-United möchte ich hier allerdings doch etwas tiefer auf die Fragestellung eingehen, da das Thema grundsätzlich spannend ist und einige Kollegen bereits dazu gebloggt haben.
Link-Netzwerke und Link-Makler
Oftmals wird im Kontext solcher Google-Aktionen von „Link-Netzwerken“ geredet. Streng genommen ist dies in diesem Kontext falsch. In der Regel handelt es sich nicht um Domains, die untereinander verlinkt sind, die also kein Netzwerk im Linksinn bilden (dazu weiter unten mehr). Und vor allem handelt es sich bei einem Anbieter wie Teliad nicht um einen Linkverkäufer, sondern lediglich um einen Vermittler ähnlich wie Firmen im Affiliate-Business, die Publisher (Linkverkäufer) und Merchants/Advertiser (Linkkäufer) zusammenbringen und dafür Provision kassieren.
Wie Kollege Eisy bereits ausführlich dargestellt hat, hat Google erst einmal eine reine Ranking-Penalty verhängt. Inwieweit dies rechtlich fragwürdig ist, müssen Anwälte klären. Denn wie gesagt: Teliad (und im Folgenden beziehe ich mich primär auf diesen Anbieter) ist ja selbst kein Linkverkäufer, der direkt gegen die Google Regeln verstößt, sondern lediglich ein Marktplatz, der dazu beitragen kann, dass solche Regelverstöße geschehen können. Dass Google gegen einen solchen Link-Makler vorgeht, dürfte primär als öffentlichkeitswirksame Aktion eingestuft werden.
Bankrotterklärung Googles oder nur Abschreckung?
Schaut man ein wenig hinter diese Marketingaktion, stellt sich die Frage: Zeigt hier Google schlichtweg eine gewisse Hilflosigkeit? Jeder kennt die Bilder auf Zigarettenschachteln „Rauchen kann tödlich sein“. Dies geschieht, um Menschen vom Rauchen abzuhalten. Hilft es? Nein. Es ist lediglich ein Symbol der Hilflosigkeit im Kampf gegen eine Sucht und ein bisschen Aktionismus: „Schaut her, wir tun doch was“.
Ähnlich könnte man diese Aktion seitens Google einstufen. Es soll wie jene Umsetzung einer EU-Richtlinie erst einmal einen Warnhinweis darstellen und damit abschreckend wirken – sowohl gegenüber Linkkäufer als auch Linkverkäufer. Wenn ich mir allerdings anschaue, wieviele Webmaster aktuell berichten, dass sie kürzlich von Google eine Mail wegen unnatürlichen ausgehenden Links erhalten haben, obwohl auf den betreffenden Domains kein einziger ausgehender Link oder kein dofollow Link zu finden ist, also weder Linkverkauf noch Linktausch noch Hacks stattgefunden haben, dann fragt man sich, inwieweit die Jungs aus Mountain View aktuell massiv am Rad drehen. Insofern muss die Frage angesichts solcher Abschreckung und Fehler seitens Google gestattet sein, ob Google in Sachen Links einfach nur noch hilflos ist bzw. reine Politik im eigenen Interesse betreibt…
Bestrafung von Linkkäufern und Linkverkäufern
Was Google seit längerem macht, ist die Bestrafung von Linkkäufern und Linkverkäufern. Hinsichtlich letzterer reicht die Palette von PageRank-Reduzierung über Ranking-Penalties (wie im Fall Teliad und Rankseller) bis hin zur Höchststrafe Deindexierung. Kollege Fabian Rossbacher hat dazu eine Untersuchung durchgeführt. Leider hat diese Analyse einige strukturelle Schwächen:
- Die Daten wurden von Teliad bereit gestellt. Aktuell sind rund 25.000 Angebote für Textlinks (also einzelne URLs) und über 1.200 Domain-Angebote für Presellpages auf dem Marktplatz zu finden. Teliad hat die Namen von 1000 Domains zur Verfügung gestellt. Niemand externes kann wissen, wie diese Auswahl getroffen wurde (siehe Kommentar von Andreas hier: „Die 1000 Domains sind nur ein sehr kleiner, aber repräsentativer, Teil unseres Portfolios“).
- Google könnte vermuteten Linkverkauf (ebenso wie Linkkauf) auch durch Sichtbarkeitsverlust abstrafen. Fabian hat nur die Faktoren PageRank und Indexierung untersucht, nicht aber den Sichtbarkeitsverlauf. Klar ist aber auch, dass vor allem letzteres schwierig ist, denn ein Linkverkäufer kann bereits vor Monaten von einer Google-Maßnahme getroffen worden sein oder wird es erst in Wochen – und diese muss nicht mit seiner Nutzung von Teliad zusammen hängen.
- Man weiß nichts weiter über diese Domains, ein Kritikpunkt, den auch Eisy bereits geäußert hat: Wieviele Links wurden überhaupt darüber verkauft? Verkauft der Seitenbetreiber auch über andere Marktplätze Links? usw.
Wie so oft sind Analysen in freier Wildbahn schwierig und Einschränkungen hinsichtlich ihrer Aussagekraft unterworfen. Bliebe noch die Frage, warum Teliad überhaupt Daten zur Verfügung gestellt hat. Im Falle der positiven Analyse von Fabian könnte es beruhigend auf das Klientel wirken – wobei ja nur Linkverkäufer untersucht wurden. Andererseits – NDA hin oder her – dürfte es bei manchen Linkverkäufern zu einem Vertrauensverlust geführt haben, dass solch sensible Daten einem SEO, dazu einem bekannten BlackHat, zur Verfügung gestellt worden sind. Eine Gratwanderung von Teliad in einer sowieso schwierigen Situation.
An dieser Stelle eine eigene Story: Ich hatte dieses Jahr noch zu Testzwecken zwei ausgewählte Domains bei Teliad im Angebot. Eine dieser Domains hat Teliad aus „Qualitätsgründen“ (ohne exakte Nennung der Gründe) Anfang des Jahres aus dem Angebot genommen. Im August – als viele Blogger Post bekamen – folgte dann eine Warnmeldung Googles über unnatürliche ausgehende Links. Die andere Domain erhielt bereits Mitte 2013 eine Ranking-Penalty und wurde kurz darauf von Google deindexiert. Das Angebot bei Teliad samt einer aktiven Buchung lief ohne Beanstandung weiter. Erst nachdem ich die Domain löschte, reagierte Teliad. Warum eine Domain mit PageRank, Sichtbarkeit und guter Indexierung bei Teliad ausgelistet wurde, bei einer deindexierten Domain dagegen die Buchungen fast ein Jahr lang verlängert wurden (und heute vielleicht immer noch würden) erschließt sich mir nicht. Okay, Teliad wird vielleicht nichts gegen die Provision einzuwenden gehabt haben, aber der Linkkäufer selbst? Mag sein, dass solche Links bei Suchmaschinen wie Bing noch einen kleinen Beitrag leisten, aber das obskure Objekt unserer Begierde heißt nun einmal Google. Und hier haben Links von deindexierten Domains bestenfalls keine Wirkung, im schlimmen und wahrscheinlichen Fall dagegen negative Auswirkungen – insofern würde ich grundsätzlich zu einer Löschung raten.
Ist Linkkauf über große Linkbroker ein Risiko?
Auf meinem Vortrag auf der SEOCampixx 2011 habe ich Linkkauf bei großen Brokern aufgrund verschiedener Faktoren als riskant eingestuft. Ein wesentlicher Grund war, dass die Domains im Klartext sichtbar waren, was Teliad kurz nach meinem Vortrag abgeschafft hat. Nun könnte man einwenden, dass es möglich wäre, aufgrund der verfügbaren Daten (beispielsweise Beginn der IP, indexierte Seiten, PageRank, Domainalter, Keywords, Beschreibung der Seite usw.) die angebotenen Domains zu ermitteln – wenn dies jemand kann, dann auf jeden Fall Google. Wobei: Wenn ich Teliad wäre, hätte ich einen gewissen Schutz gegen Scraping eingebaut 😉 Wobei sich dieser mit technischen Mitteln umgehen ließe. Die Frage ist eher: Würde Google wirklich diesen Aufwand betreiben?
Das große Problem der Linkkäufer und Linkverkäufer, das sich mit dem ersten Pinguin gezeigt hat, liegt im Bereich der Mustererkennung. Damals ließen sich gerade durch typische SEO-Maßnahmen wie harte Ankertexte die Kandidaten leicht ermitteln. Und wenn Links zu gleich mehreren solcher Kandidaten auf denselben Domains zu finden waren, war dies ein klares Signal an Google. Darüber wiederum ließen sich über eine Analyse der restlichen ausgehenden Links weitere potentielle Linkkäufer identifizieren. Und wenn dann noch komplette Portfolios über kursierende Listen oder whois- bzw. Impressumsdaten aufgedeckt wurden, ließen sich weitere Rückschlüsse ziehen. Für einen Datenjongleur wie Google wahrlich keine Zauberei. Also (siehe oben): Wenn dieselben Domains von Linkverkäufern immer wieder auf dieselben Domains von Linkkäufern verlinken, entsteht tatsächlich so etwas wie ein Link-Netzwerk. Insofern: Wer dort kauft, wo alle kaufen, fällt leichter auf. Dies ist der größte Vorbehalt gegenüber solch großen Händlern.
Wenn ich mir Teliad genauer anschaue, wird mir nicht so recht klar, wieviele Links eigentlich auf einer Domain über Teliad aktuell gebucht sind. Bei Textlinks gibt es zu den einzelnen Seiten die Angabe „Anzahl externer Links“. Ob es sich hier um gekaufte Links handelt oder beispielsweise Links auf die sozialen Fanpages der Seite, ist unklar. Bei Presellpages fehlt diese Angabe komplett, insofern gehe ich davon aus, dass Teliad die Anzahl der Buchungen auf einer Domain nicht kommuniziert. Dies wäre allerdings im Rahmen einer Risikoeinschätzung für den Linkkäufer sehr hilfreich – auch wenn es keinen Rückschluss auf die Aktivitäten des Linkverkäufers bei anderen Plattformen gibt. Hier wäre eine entsprechende Vereinbarung des Linkverkäufers mit Teliad bezüglich einer exklusiven Vermarktung eine mögliche Lösung. Solche Lösungsansätze durch Teliad könnten das Risiko für Linkkäufer deutlich minimieren.
Mit der Einführung der nofollow-Option Ende 2012 hat Teliad auch eine Google-konforme Möglichkeit der Linkbuchung geschaffen. Hier stellt sich allerdings die Frage nach der Sinnhaftigkeit. Auf gut besuchten bzw. gut rankenden Seiten kann ein solcher Link tatsächlich Traffic bringen, ansonsten taugt er maximal als Backfill oder Tarnung durch das Erzeugen eines gewissen Grundrauschens.
Mein Fazit: Das massive Vorgehen Googles gegenüber Linkhandel deutet schwer darauf hin, dass Links als Rankingfaktor weiterhin eine Rolle spielen und auch dem mächtigen Google Grenzen gesetzt sind (der andere gewichtige Grund betrifft rein Googles Geschäftstätigkeit). Marktplätze wie Teliad sind insofern weiterhin die einfachste Möglichkeit, an Links zu kommen. Fakt ist aber auch, dass Linkkauf gegen die Google Richtlinien verstößt und bei Entdeckung bestraft wird. Letztendlich muss es jeder selbst abwägen. Ein grundsätzliches Ja oder Nein gibt es aus SEO-Sicht nicht. Weitere Maßnahmen wie oben dargestellt könnten Marktplätzen helfen, das Risiko zumindest des Linkkäufers zu minimieren.
P.S.: Ach ja, mehr zu dem Thema erzähl ich dann Ende Oktober bei meinem Vortrag auf dem SEOday in Köln – Mitarbeiter von Google und Mario Fischer müssen vor dem Zutritt aber einen NDA unterschreiben 🙂 Und nicht vergessen: Ceterum censeo Google esse delendam!
Ja, ich nutze Teliad und biete darüber Artikelplätze auf meinen Blogs an.
Nun habe ich festgestellt, dass mich Webmaster anschreiben und mich darum bitten den Link in einem vor 2 Jahre veröffentlichen Artikel abzuändern bzw. zu löschen.
Soll man deren Bitte nachgehen oder fürs Entfernen eine Aufwandsentschädigung verlangen?
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Wenn Du einen Aufwand für das Entfernen hast, dann spricht nichts dagegen, diesen vergüten zu lassen. Mit dem Einkauf sind sich die Webmaster über das Risiko im Klaren gewesen, dass das Linknetzwerk irgendwann auffliegt.
Ich finde es auf der anderen Seite nicht optimal, dass die 1000-Domain-Liste an Rossbacher für die Analyse gegangen ist. NDA hin oder her. Ich traue ich genug, jedoch stellen diese Daten eine sehr große Macht und ein noch größeres Potential für Externe dar.
Die sicherste Methode ist ja ein direkter Kontakt zu einem Link-Manager oder Webseiteninhaber, was entweder höhere Kosten oder einen höheren Aufwand erzeugt.
Gibt es im Netz so ein Forum, auf dem man nichts anderes macht als Link-Verkauf und -Einkauf?
Ich habe mal auf dem Abakus Forum ein Thema erstellt, keine passende Angebote bekommen.
Im Grunde ist gegen SeedingUp und Co nichts zu sagen, wenn man sich die Webseiten genau anschaut. Es gibt ja einige, die veröffentlichen einfach alles und haben keine thematisch spezialisierte Seite. Ich sehe da im Prinzip jedem Artikel an, dass er gekauft ist. Dagegen gibt es einige Blogs, die sich auf spezielle Themen fokussiert haben, die sehr „sauber“ aussehen. Da sind oft 3-4 Artikel, die definitiv keinen gekauften Link haben und dann kommt man einer, der „verdächtig“ aussieht. Aber auch bei diesem bin ich dann oft unsicher, ob er nicht vielleicht aus Interesse eingebaut wurde. Das sind die Portale, die ich bevorzuge, wenn ich auf Suche nach Verlinkungen gehe. 🙂